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23. Januar 2023

Bundesarbeitsgericht verschärft die Hinweispflichten der Arbeitgeber zum Urlaubsanspruch der Arbeitnehmer

Das Urlaubsrecht ist und bleibt im Fluss. Etliche Fragen zum Thema Urlaubsrecht sind noch ungeklärt und unterliegen immer wieder der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und der Arbeitsgerichte.

Im Dezember hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zuletzt zwei wichtige Urteile erlassen zum Thema Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen. Damit ist eine Verschärfung der Hinweisobliegenheiten von Arbeitgebern gegenüber ihren Arbeitnehmern verbunden.

In beiden Entscheidungen hat das Gericht dargelegt, dass Ansprüche von Arbeitnehmern im laufenden Arbeitsverhältnis weder verfallen, noch verjähren können, solange durch die Arbeitgeber keine vollständige Belehrung über den jeweils konkreten Urlaubsanspruch sowie die einzuhaltenden Verfallfristen vorgenommen wurde und solange die Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber nicht aufgeforderten wurden, den Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Eine Ausnahme soll gelten für den Fall einer lang andauernden krankheitsbedingten Unfähigkeit, den Urlaub anzutreten. Auch bei einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung soll demnach der Urlaub verfallen, wenn die Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.03. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert waren, den Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Für Urlaubsjahre, in welchen Arbeitnehmer allerdings tatsächlich gearbeitet haben, bevor sie krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden sind, scheidet ein Verfall am 31.03. des zweiten Folgejahres aus, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen ist.

Auch bezüglich der Verjährung eines Urlaubsanspruchs soll es nach diesen Entscheidungen des BAG auf die ordnungsgemäße Belehrung durch den Arbeitgeber ankommen. Demnach beginne die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nicht mit dem Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Arbeitgeber die Beschäftigten über den konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch nicht in Anspruch genommen hat.

Auch aus diesen beiden aktuellen Entscheidungen zeigt sich, dass die Arbeitgeber bezüglich dieser Urlaubsansprüche tätig werden müssen. Sie müssen unbedingt rechtzeitig im Urlaubsjahr jeden einzelnen Beschäftigten über seinen zum Zeitpunkt der Unterrichtung noch bestehenden Urlaubsanspruch aufklären und auffordern, den Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres in Anspruch zu nehmen. Diese Belehrung sollte in Textform erfolgen.

In diesen Entscheidungen wurde bislang noch nicht dargelegt, zu welchem konkreten Zeitpunkt diese Belehrung zu erfolgen hat. Es empfiehlt sich allerdings, diese Unterrichtung so früh wie möglich, zumindest aber in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ordnungsgemäß zu veranlassen.

Auf Grundlage dieser aktualisierten Rechtsprechung empfiehlt sich eine unmittelbare Unterrichtung bereits zu Anfang des Kalenderjahres.

Dabei sollte diese Unterrichtung nach diesen neuen Entscheidungen nicht nur auf die Fristen zum Verfall des Urlaubs hinweisen, sondern auch auf die dreijährige Verjährungsfrist und deren Beginn am Ablauf des Urlaubsjahres.

BAG vom 20.12.2022, 9 AZR 266/20 und 9 AZR 245/19

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