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22. November 2024

Urlaubsansprüche während Mutterschutz: Kein Verfall trotz Beschäftigungsverboten

Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verfällt auch ein während mehrerer Beschäftigungsverboten angesammelter Urlaub nicht.

Gegenstand der Entscheidung war folgender Sachverhalt:

Eine Zahnärztin hatte in kurzer Folge zwei Kinder und war aufgrund mehrerer Beschäftigungsverbote insgesamt zwei Jahre und vier Monate durchgehend arbeitsunfähig. Das BAG hat zu diesem Fall entschieden, dass angesammelter Urlaub gemäß § 14 Satz 2 MuSchG auch während solcher Beschäftigungsverbote nicht verfällt.

Während ihrer ersten Schwangerschaft erhielt die Zahnärztin ein individuelles Beschäftigungsverbot, dem nahtlos weitere Verbote aufgrund von Mutterschutz und Stillzeiten folgten. Von Dezember 2017 bis Ende März 2020 konnte sie daher nicht arbeiten.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte die Zahnärztin die Abgeltung von 68 Urlaubstagen: fünf Resturlaubstage aus 2017 und 63 Urlaubstage für 2018 und 2019. Der Arbeitgeber lehnte die Zahlung von etwa 13.000 Euro ab, da er der Meinung war, während der Beschäftigungsverbote seien keine Urlaubsansprüche entstanden und etwaige Ansprüche seien verfallen. Er berief sich auf § 24 Satz 2 MuSchG, der besagt, dass Urlaub, der vor Beginn eines Beschäftigungsverbots nicht genommen wurde, nach dem Ende des Verbots im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beansprucht werden kann.

Das BAG wies die Argumentation des Arbeitgebers zurück und gab der Zahnärztin Recht. Sie hat Anspruch auf Abgeltung der 68 Urlaubstage, da diese während der Beschäftigungsverbote entstanden sind und aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden konnten.
Urlaubsansprüche während Beschäftigungsverboten: Keine Verfallsgefahr

Die Urlaubsansprüche der Zahnärztin entstanden nach Ansicht des Gerichts vollständig, da die Zeiten der Beschäftigungsverbote gemäß § 24 Satz 1 MuSchG als Arbeitszeiten gelten. Diese Ansprüche verfallen auch nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG, der besagt, dass Erholungsurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden muss.

Das BAG entschied, dass gemäß § 14 Satz 2 MuSchG Urlaubsansprüche, die während mehrerer aufeinanderfolgender mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote entstehen, nicht verfallen. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Beschäftigungsverboten kann die Arbeitnehmerin ihren angesammelten Urlaub nicht vor Beginn des letzten Verbots nehmen. Daher kann sie den gesamten bis dahin aufgelaufenen Urlaub nach Ende des letzten Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.

Das BAG betonte in dieser Entscheidung den Wortlaut des § 14 Satz 2 MuSchG, der voraussetzt, dass die Frau ihren Urlaub vor Beginn “eines” Beschäftigungsverbots nicht erhalten hat. Es spiele keine Rolle, warum der Urlaub vorher nicht genommen werden konnte, und die Art des Beschäftigungsverbots ist ebenfalls unerheblich. Entscheidend ist, dass der Urlaub vor Beginn des neuen Beschäftigungsverbots nicht genommen werden konnte. Diese Auslegung vermeidet Wertungswidersprüche, da die Rechtsfolgen bei nahtlos aufeinanderfolgenden Beschäftigungsverboten denjenigen bei aufeinanderfolgenden Mutterschutzfristen und Elternzeiten entsprechen. Zudem entspreche diese Interpretation dem Sinn und Zweck der Regelung sowie den unionsrechtlichen Vorgaben.

BAG, Urteil vom 20.08.2024 - 9 AZR 226/23

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