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15. Januar 2025

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: Erschütterung des Beweiswerts einer im Nicht-EU-Ausland erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann der Beweiswert einer im Nicht-EU-Ausland (im vorliegenden Fall in Tunesien) ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 
erschüttert sein, wenn nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des zu würdigenden Einzelfalls Umstände vorliegen, die zwar für sich betrachtet unverfänglich sein mögen, in der Gesamtschau aber ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung begründen. 

Insoweit gelten nach der Entscheidung des BAG die gleichen Grundsätze wie bei einer in Deutschland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. 
Das Landesarbeitsgericht hatte im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die in einem Land außerhalb der Europäischen Union ausgestellt wurde, grundsätzlich der gleiche Beweiswert wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung zukommt, wenn sie erkennen lässt, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und 
einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden hat. Das Berufungsge-
richt hat aber bei der Würdigung der von der Beklagten zur Begründung ihrer Zweifel an 
der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit vorgetragenen tatsächlichen Umstände nur jeden ein-
zelnen Aspekt isoliert betrachtet und die rechtlich gebotene Gesamtwürdigung unterlas-
sen. 
Dabei war nach Ansicht des BAG zu berücksichtigen, dass der tunesische Arzt dem Kläger für 24 Tage Arbeitsunfähigkeit bescheinigte, ohne eine Wiedervorstellung anzuordnen. Weiter buchte der Klä-
ger bereits einen Tag nach der attestierten Notwendigkeit häuslicher Ruhe und des Ver-
bots, sich bis zum 30. September 2022 zu bewegen und zu reisen, ein Fährticket für den 
29. September 2022 und trat an diesem Tag die lange Rückreise nach Deutschland an. Zu-
dem hatte er bereits in den Jahren 2017 bis 2020 dreimal unmittelbar nach seinem Urlaub 
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. 
Das BAG führt hierzu aus, dass diese Gegebenheiten für sich betrachtet unverfänglich sein könnten. In einer Gesamtschau begründen sie indes ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Arbeitsunfähigkeits-
bescheinigung. Das hat zur Folge, dass nunmehr der Kläger die volle Darlegungs- und Be-
weislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den 
Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG trägt.


Pressemitteilung des BAG vom 15.01.2025
BAG v. 15.01.2025, 5 AZR 284/24

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